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DCF als Wegweiser zur Unternehmensbewertung in der Softwarebranche

Grafik zur DCF-Bewertungsmethode in der Softwarebranche, die zukünftige Cashflows analysiert und abdiskontiert.

DCF (Discounted Cash Flow) wird in vielen Fällen als eines der fundiertesten Verfahren herangezogen, um den Wert eines Unternehmens abzuschätzen. Gerade bei kleinen bis mittleren Softwarefirmen kann damit ein genauerer Blick auf die langfristige Zukunftssicherung geworfen werden. Die Idee dahinter ist, alle erwarteten Zahlungsströme über mehrere Jahre hinweg zu prognostizieren und auf den heutigen Zeitpunkt abzuzinsen. Dieser Artikel zeigt, was sich hinter der DCF-Methodik verbirgt, welche Voraussetzungen gegeben sein sollten und wo die Stärken und Schwächen liegen – stets aus der Perspektive eines kleinen oder mittleren Branchensoftwareanbieters, der beispielsweise über eine Nachfolge oder Beteiligung nachdenkt.

1. DCF als Grundidee: Zukünftige Cashflows auf heute abgezinst

Die Basis der DCF-Bewertungsmethode besteht darin, dass ein Unternehmen vor allem über künftige Zahlungsströme definiert wird. Anders als bei rein vergangenheitsorientierten Verfahren fließt hier in die Bewertung ein, was zukünftig an Zahlungsmitteln erwirtschaftet wird. Für Softwareunternehmen kann dies besonders wertvoll sein:

  • Häufig lassen sich wiederkehrende Umsätze etwa durch Lizenz- oder Wartungsmodelle recht gut prognostizieren.
  • Kostenseitig bestehen klare Strukturen, gerade wenn das Hauptkapital in Personal und Technologie steckt.

Die DCF-Formel diskontiert die erwarteten Cashflows mit einem Kapitalkostensatz, um ihren Wert auf die Gegenwart zu beziehen. Somit entsteht ein Barwert, der ausdrückt, welchen Entgeltbetrag jemand heute zahlen würde, um in Zukunft die vereinnahmten Cashflows zu erhalten. Diese Betrachtung wird von vielen als sehr rational eingeschätzt, weil sie den Fokus auf künftige Erträge und damit auf das Potenzial des Geschäftsmodells legt.

2. Warum die DCF-Methode in Branchensoftware-Unternehmen so beliebt ist

Softwarefirmen, insbesondere im B2B-Umfeld, profitieren häufig von wiederkehrenden, planbaren Erlösen. Ein Software-as-a-Service-Unternehmen (SaaS) kann mit regelmäßigen Zahlungen durch Abonnements oder Lizenzen kalkulieren. Bei klassischen On-Premise-Lösungen spielen Wartungsverträge und Updates eine Rolle, für die laufende Gebühren anfallen. Das führt zu recht stabilen Cashflows und erleichtert die Plausibilisierung der Prognosen.

Ein weiterer Grund liegt in den hohen Wachstumspotenzialen vieler Softwareunternehmen: Produktinnovationen, neue Märkte oder Strategiewechsel können die künftigen Einnahmen erheblich beeinflussen. Ein DCF-Modell ist in der Lage, solche Wachstumschancen im Bewertungsprozess angemessen abzubilden, sofern die Annahmen robust und nachvollziehbar sind.

3. Voraussetzungen für eine sinnvolle DCF-Berechnung

Die DCF-Bewertung eignet sich besonders dann, wenn einige wichtige Bedingungen erfüllt sind. An erster Stelle steht eine belastbare Planung, indem Umsatz-, Kosten- und Investitionsszenarien zumindest für den relevanten Zeitraum seriös kalkuliert werden können. Gerade für Softwareunternehmen ist das möglich, wenn erneut erzielbare Erlöse aus bestehenden Kundenverträgen oder wiederkehrenden Abos klar vorliegen.

Wichtige Punkte sind:

  • Realistische Annahmen: Eine zu optimistische Wachstumsprojektion kann zu überhöhten Unternehmenswerten führen.
  • Stabile Kostenbasis: Gehälter, Infrastruktur oder Marketingaufwände sollten nachvollziehbar und ausgewogen geplant sein.
  • Transparente Kapitalstruktur: Für die Berechnung der Kapitalkosten muss bekannt sein, wie viel Eigen- und Fremdkapital zum Einsatz kommt und welche Verzinsung dafür angemessen ist.

Wird etwa in einer Beteiligungssituation ein Wachstumssprung geplant (zum Beispiel durch eine neue Preisstrategie oder Restrukturierungsmaßnahmen), lässt sich dieses Szenario mit dem DCF-Verfahren simulieren, solange die variablen Parameter nachvollziehbar belegt werden können.

4. Wichtige Bestandteile im Überblick

4.1 Planungszeitraum

Häufig wird ein Zeitraum von fünf Jahren gewählt, um die künftigen Cashflows möglichst präzise abzuschätzen. Diese fünf Jahre können allerdings verkürzt werden, wenn Prognosen mit hoher Unsicherheit behaftet sind – etwa bei einem sehr jungen Unternehmen mit erst kurzem Track Record. Dann empfiehlt es sich, konservativere Annahmen für einen kürzeren Horizont zu treffen.

4.2 Terminal Value

An das Ende des Planungszeitraums schließt sich der sogenannte Terminal Value an. Hier wird ein Restwert definiert, der sämtliche Zahlungsflüsse ab dem Ende der Detailplanung berücksichtigt. In der Praxis kommt oft ein fortführendes Modell wie das Gordon Growth Model zum Einsatz – basierend auf einer angenommenen ewigen Wachstumsrate. Eine andere Variante ist die Anwendung eines Multiples, beispielsweise anhand eines EBIT-Multiplikators, der den Wert der fortgeführten Erträge abbildet. Sobald jedoch ein Multiple im Terminal Value angesetzt wird, relativieren sich einige Vorteile einer DCF-Berechnung, da wieder ein marktbasierter Faktor (Multiple) genutzt wird.

Über den Terminal Value tragen oft die späteren Jahre besonders stark zum Gesamtwert bei. Das liegt daran, dass Technologieunternehmen in der Regel ein längerfristiges Wachstumspotenzial haben und die Erwartung künftiger Erträge hoch sein kann.

4.3 Diskontierung mit dem Kapitalkostensatz (WACC)

Der Weighted Average Cost of Capital (WACC) spiegelt die durchschnittlichen Kapitalkosten eines Unternehmens wider. Er berechnet sich aus dem Mischverhältnis von Eigen- und Fremdkapital zu den jeweiligen Kosten:

  1. Eigenkapitalkosten: Dieser Teil berücksichtigt die Rendite, die Investierende bei einem vergleichbaren Risiko erwarten. Für kleinere Branchensoftwareunternehmen fällt dieses Risiko in der Regel höher aus, weil Abhängigkeiten von Einzelkunden, Personalmangel oder spezifische Marktnischen bestehen können.
  2. Fremdkapitalkosten: Dies sind die Zinsen, die für aufgenommene Kredite oder Darlehen anfallen.

Zusammengewogen ergibt sich daraus der Kapitalkostensatz. Seine Höhe beeinflusst das Ergebnis empfindlich, denn je höher der WACC, desto stärker werden die künftigen Cashflows abdiskontiert, was den Unternehmenswert senkt. Bei softwarelastigen Geschäftsmodellen ist die Einschätzung des Risikomaßes oft eine Ermessensfrage, da die Volatilität der Umsätze und Margen für Außenstehende schwer einzuschätzen sein kann.

5. Beispiel: SaaS-Unternehmen mit 2 Mio. Jahresumsatz

Eine fiktive Berechnung kann das Prinzip veranschaulichen.

Angenommen, eine Firma entwickelt ein SaaS-Angebot für Branchensoftware und erzielt aktuell 2 Millionen Euro Jahresumsatz bei einer Marge von 20 %. Die Detailplanung soll fünf Jahre umfassen, gefolgt von einem Terminal Value, der über einen Multiple bestimmt wird. Der angesetzte Diskontierungssatz (WACC) liegt bei 10 % und es wird davon ausgegangen, dass:

  • Die Umsätze pro Jahr im Schnitt um 10 % steigen.
  • Die Marge bei rund 20 % bleibt, basierend auf stabilen Lizenzverträgen.
  • Im Terminal Value wird ein Multiple von 6 auf das dann erzielte EBIT angewendet.

In diesem Szenario fließen sämtliche prognostizierten Cashflows in die ersten fünf Jahre ein. Danach wird ein Terminal Value berechnet, indem das erwartete EBIT im letzten Jahr mit 6 multipliziert wird. Wenn am Ende der Laufzeit ein EBIT von rund 528.000 Euro (durch Wachstumsannahmen) erzeugt wird, so entstünde rechnerisch ein Terminal Value von 3,17 Millionen Euro (528.000 Euro × 6). Dieser wird, wie auch die einzelnen Jahres-Cashflows, dann auf den Bewertungsstichtag abgezinst.

Die Summe aus dem kumulierten diskontierten Wert der fünf Jahre plus dem diskontierten Terminal Value ergibt einen Unternehmenswert. Es wird schnell deutlich, dass Änderungen am Multiple, am Diskontierungssatz oder an der Wachstumsrate den Endwert spürbar verschieben.

6. Stärken und Schwächen des DCF-Verfahrens

6.1 Stärken

  • Zukunftsorientiert: Anders als vergangenheitsbezogene Verfahren rechnet der DCF mit dem Potenzial künftiger Erträge.
  • Prinzipiell fundiert: Durch die Abzinsung wird ein Barwert ermittelt, der theoretisch dem ökonomischen Wert entspricht.
  • Individuell anpassbar: Unternehmen mit klaren Wachstumsstrategien oder anstehenden Umbrüchen können ihre Planungen entsprechend einfließen lassen.

6.2 Schwächen und Risiken

  • Sensitivität: Schon kleinere Änderungen im WACC oder beim Terminal Value führen zu abweichenden Bewertungen.
  • Starkes Gewicht auf spätere Jahre: Da ein großer Teil des Werts oft im Terminal Value liegt, hängt alles von den Einschätzungen rund um das langfristige Fortbestehen ab.
  • Hohe Anforderungen an Planungsqualität: Bei kleinen Softwarefirmen mit volatilen Cashflows kann es schwierig sein, verlässliche Prognosen zu erstellen.

Gerade bei KMU, die sich in einer frühen Wachstumsphase befinden oder ihre Margen durch intensiven Wettbewerb nicht zuverlässig halten können, kann eine DCF-Bewertung aus unternehmerischer Sicht herausfordernd und weniger greifbar wirken.

7. Vergleich mit anderen Bewertungsmethoden

Nicht jeder Unternehmenswert wird ausschließlich über den DCF bestimmt. Es gibt unterschiedliche Verfahren, die je nach Kontext zum Einsatz kommen:

7.1 Multiples

Eine sehr gebräuchliche Methode sind Multiples, beispielsweise basierend auf EBIT, EBITDA oder Umsatz. Diese ermöglichen einen marktbasierten Zugang, weil sie darauf fußen, wie ähnliche Unternehmen in der Branche bewertet werden. Gerade bei KMU kommt dieses Verfahren häufig zum Einsatz, weil es einfacher und gut kommunizierbar ist. Die Einschätzung des Unternehmenswerts erfolgt durch Multiplikation einer Kennzahl (z. B. EBIT) mit einem Faktor, der aus Transaktionsdaten vergleichbarer Firmen abgeleitet wurde. Typischerweise wird es angewandt, wenn Marktpreise rasch eingeschätzt werden sollen – etwa in Verhandlungssituationen, bei denen Investoren innerhalb kurzer Zeit einen Richtwert benötigen.

7.2 Substanzwertverfahren

Bei Softwareunternehmen findet das Substanzwertverfahren selten Beachtung. Diese Methode betrachtet den Wert der materiellen Vermögensgegenstände, was sich vor allem im produzierenden Gewerbe als nützlich erweist. Im Bereich der Branchensoftware spielt das eine geringere Rolle, da ein Großteil des Werts in immateriellen Gütern (z. B. Quellcode, Kundendatenbanken) steckt. In liquidationsnahen Szenarien kann dieser Ansatz jedoch relevant werden.

7.3 Marktwert/Preisvergleich

Die Orientierung an realen Transaktionen ähnlicher Unternehmen liefert oft ein gutes Gespür dafür, welcher Preis am Markt aktuell erzielt wird. M&A-Datenbanken enthalten entsprechende Beispiele, doch für kleinere Softwareunternehmen kann die Datenlage mitunter dünn sein. Wenn ein Marktwert mithilfe von Vergleichstransaktionen ermittelt werden soll, ist eine ausreichend hohe Zahl passender Deals hilfreich. Typischerweise wird das Verfahren eingesetzt, um Prüfwerte zu haben oder um die Verhandlungsposition abzustecken.

8. Unternehmerischer Nutzen einer DCF-Rechnung

Eine grobe DCF-Rechnung kann als erste Orientierung dienen, wenn ein strategischer Schritt wie Nachfolge, Beteiligung oder ein grundlegender Strategiewechsel angedacht wird. Indem die Wachstumshypothesen und Maßnahmen – beispielsweise eine Ausweitung des Produktportfolios oder eine Restrukturierung – in die Cashflow-Projektionen einfließen, lässt sich erschließen, wie diese Veränderungen den Unternehmenswert potenziell beeinflussen.

DCF kann so helfen, Überlegungen zur Zukunftssicherung zu untermauern. Werden realistische Umsatzerwartungen und stabile Margen zugrunde gelegt, kann eine Vorstellung vom Umfang dieser Veränderungen gewonnen werden. Allerdings kommt es in der Praxis oft zu Stolperfallen:

  • Unklare Umsatzentwicklung: Wenn nicht ausreichend kalkuliert wird, ob und warum sich Kunden für die Software langfristig entscheiden, kann die Berechnung ins Leere laufen.
  • Schwankende Margen: Gerade im Softwarebereich können Faktoren wie Lizenzmodelle, Preisanpassungen oder Personalaufwand rasch zu Änderungen in der Marge führen.
  • Intransparente Personalkosten: Hochqualifizierte Entwicklerinnen und Entwickler haben ihren Preis, und entsprechende Planungspositionen müssen klar abgebildet werden.
  • Unsichere Annahmen beim Kapitalkostensatz: Das Risiko einer Softwarefirma wird teils subjektiv eingeschätzt. Bei zwei fast identischen Unternehmen kann es zu unterschiedlichen WACC-Einstufungen kommen, wenn Investierende unterschiedliche Maßstäbe ansetzen.

FAQ zu DCF

1. Wann wird eine DCF-Bewertung angewendet?
Eine DCF-Bewertung kommt in der Regel bei Nachfolgegesprächen, Verhandlungen über eine Beteiligung oder bei strategischen Weichenstellungen zum Einsatz, besonders wenn klare Vorhersagen zu künftigen Zahlungsströmen möglich sind.

2. Warum ist der Diskontierungssatz (WACC) so wichtig?
Der WACC beeinflusst, wie stark künftige Cashflows abgewertet werden. Ein höherer Satz bedeutet einen geringeren Unternehmenswert. Bei Softwareunternehmen kann das Risiko oft verschieden eingeschätzt werden, sodass unterschiedliche Kapitalkostensätze zum Tragen kommen.

3. Wie wird der Terminal Value in der DCF berechnet?
Meist basiert er auf einer Wachstumshypothese (z. B. Gordon Growth Model) oder auf einem Multiple des zu erwartenden EBIT. Diese restliche Wertkomponente nach dem eigentlichen Planungszeitraum kann einen großen Teil des gesamten Unternehmenswerts ausmachen.

4. Welche Alternativen zu DCF gibt es für Softwareunternehmen?
Häufiger kommen Multiples zum Einsatz, insbesondere EBIT- oder Umsatz-Vielfache, sowie Marktvergleichsdaten aus M&A-Transaktionen. Das Substanzwertverfahren ist bei Softwareunternehmen eher selten relevant, kann aber in Ausnahmesituationen (z. B. Liquidation) angewendet werden.

5. Wo liegen typische Stolperfallen bei einer DCF-Rechnung?
Unsichere Annahmen zur Umsatz- oder Margenentwicklung, fehlende Transparenz bei Personalkosten und eine zu optimistische Risikobeurteilung beim WACC können zu deutlich verzerrten Bewertungen führen.

Werden alle diese Punkte berücksichtigt, bietet DCF (Discounted Cash Flow) eine brauchbare Grundlage, um ein klareres und realistisches Bild vom Wert eines Softwareunternehmens zu gewinnen. Gerade in Verbindung mit gründlicher Planung, angemessenen Wachstumserwartungen und plausiblen Kapitalkosten lässt sich ein transparenter Bewertungsrahmen abstecken. Allerdings ist zu beachten, dass diese Methode – trotz ihres guten Rufs – keine starren oder objektiven Wahrheiten liefert. Sie bleibt, gerade bei kleinen und mittleren Branchensoftwarefirmen, stark abhängig von Annahmen und Schätzungen, die sich im Laufe der Zeit ändern können.

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